Naturvermittlungsseminar 2016

Biodiversität begreifen – gewusst wie!

Wie gelingt es, den komplexen, oft als abstrakt wahrgenommenen Begriff „Biodiversität“ klar zu kommunizieren und erlebbar zu machen? 130 Teilnehmer*innen aus ganz Österreich nahmen am Donnerstag, dem 28. und Freitag, dem 29. Jänner am Naturvermittlungsseminar 2016 im Steinschaler Dörfl im Pielachtal (NÖ) teil und beschäftigten sich mit dem Thema „Biodiversität begreifen – gewusst wie!“

Biodiversität mit Leben und Bildern zu füllen und hilfreiche Tools zur Erzeugung von Verständnis für den Schutz der biologischen Vielfalt zu vermitteln, waren wichtige Ziele des Naturvermittlungsseminars 2016. In einem Mix aus Vorträgen, Workshops und Möglichkeiten zu Austausch und Vernetzung wurden gemeinsam vielseitige Zugänge zum Thema geöffnet und mit großer Motivation der Teilnehmer*innen eine bunte Palette an Methoden ausprobiert und reflektiert, die in Zukunft Platz im „Werkzeugkoffer Biodiversität“ der Natuvermittler*innen finden können.

Besonderes vor der Haustür entdecken

Die geplante Winterwanderung, geleitet von Georg Schramayr, war witterungsbedingt in die Kategorie Frühlingswanderung einzustufen. Schramayr, der selbst als Naturvermittler in der Region aktiv ist, nahm die ungewöhnlichen Wetterbedingungen jedoch zum Anlass, die Teilnehmer*innen darauf hinzuweisen, auf verschiedene Situationen gefasst zu sein, als Natuvermittler*innen flexibel zu bleiben und das eigene Wissen breit anzulegen. Bei dem sonnigen Auftakt des Naturvermittlungsseminars wurde der Blick der Teilnehmer*innen auf die Besonderheiten der Landschaft und Natur unmittelbar vor der Haustür gelenkt und mit anschaulichen Informationen über die Region verknüpft.

Wanderung mit Georg Schramayr © Umweltdachverband

Geschichten verbinden

Naturvermittler*innen vermitteln und erzählen Geschichten. Unter dem Titel „Alles ist vernetzt!“ wurde es zu Beginn des Seminars lebendig: Angeleitet von Samira Bouslama und Anna Haas (FORUM Umweltbildung) teilten die Besucher*innen auf spielerische Weise ihre ganz persönlichen Geschichten miteinander: „Warum bin ich gerne Naturvermittler*in?“ und „Was war ein tolles Erlebnis in meiner Karriere als Naturvermittler*in?“. Unter anderem wurde folgende Geschichte von einem 26-jährigen Mitarbeiter einer inklusiven Einrichtung, die sich um mehr Chancengerechtigkeit für Jugendliche und junge Erwachsene mit Unterstützungsbedarf bemüht, erzählt:

„Nach einem Spaziergang draußen, bei dem ich über die in der Region typische Pflanzen- und Tierwelt gesprochen habe, kam ein ca. 70-jähriger Mann zu mir, bedankte sich bei mir, gab mir Trinkgeld, klopfte mir auf die Schulter und meinte, er wäre mit Sicherheit Biologielehrer geworden, wenn er in seiner Schulzeit diese Informationen auf solche Art und Weise vermittelt bekommen hätte.“

© Umweltdachverband

Biodiversität verstehen, vermitteln & erleben

Nach diesem interaktiven Einstieg folgten zwei Vorträge, die sich unterschiedlichen Aspekten von Biodiversität widmeten: Julia Kelemen-Finan von der Niederösterreichischen Naturschutzakademie ging in ihrem Vortrag auf die Bedeutung von Biodiversität ein, erläuterte grundlegende Definitionen, zeigte wodurch biologische Vielfalt bedroht ist und präsentierte aktuelle Projekte zur Vermittlung von Biodiversitätsthemen. Mit Hilfe eines kurzen Videos, das zeigte, wie einfach ganz Offensichtliches übersehen werden kann, wenn man sich auf Anderes konzentriert, wurde die Wichtigkeit von „erkundender Naturerfahrung“ auf unterhaltsame Weise unterstrichen. Der Faktencheck zur Biodiversität von Gabriele Obermayr, BMLFUW, machte den Teilnehmer*innen unter anderem klar, dass das Artensterben heute 1.000mal schneller als in früheren Phasen von Artensterben passiert und dass ein wesentlicher Punkt bei der Vermittlung der Bedeutung von Biodiversität die Ansprache aller Sinne ist: „Natur muss gefühlt werden.“

Workshop Herbert Lohner © Umweltdachverband

Im Rahmen der Werkstätte Naturvermittlung, die am Nachmittag des ersten Tages und am Vormittag des zweiten Tages stattfand, wählten die Teilnehmer*innen aus fünf angebotenen Workshops zwei aus, die sie im Laufe der beiden Halbtage besuchten. Sie erlebten im Rahmen der Workshops,

  • wie Biodiversität wirksam kommuniziert werden kann,
  • wie Kulturlandschaft gesehen, verstanden und vermittelt werden kann,
  • welche Möglichkeiten es gibt, Biodiversität in der Stadt zu erkennen,
  • wie Ausstellungen zu Biodiversität funktionieren können und
  • welche spielerische Methoden zur Vermittlung von Biodiversität es gibt.

Die Teilnehmer*innen wechselten bei der Beschäftigung mit diesen Themen auch die Seiten und erfuhren, wie sie als Naturvermittler*innen auf ihre Zuhörer*innen wirken können. In den Arbeitskreisen sorgten die Workshopleiter*innen für eine produktive und motivierende Stimmung in den einzelnen Kursen. So entstanden unter anderem Lebensraum- und Wahrnehmungskarten für Tiere in Großstädten, die Besucher*innen schlüpften in die Rolle von aufgebrachten Landbesitzer*innen, die über Maßnahmen im Sinne des Naturschutzes informiert werden, oder mussten versuchen, als gleichbleibend große Gruppe in einem immer kleineren Bereich des Seminarraumes Platz zu finden. Damit sollte auf das Problem der zunehmenden Verinselung und Zerstörung von Lebensräumen hingewiesen werden. Ziel war es, den Naturvermittler*innen neue Instrumente mitzugeben und vielfältige Wege zu zeigen, wie sie die Bedeutung von Biodiversität kommunizieren und auf die Notwendigkeit eines umfassenden Biodiversitätsschutzes aufmerksam machen können.

Zwischen den Programmpunkten hatten die Teilnehmer*innen Zeit, einander kennen zu lernen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Der erste Tag des Naturvermittlungsseminars klang mit einem gemeinsamen Abendessen, bei dem begonnene Gespräche weitergeführt und neue Kontakte geknüpft werden konnten, aus.

Der letzte Teil des Naturvermittlungsseminars 2016 startete mit einem gemeinsamen Rückblick auf die Workshops mit den Workshopleiter*innen und unter engagierter Mitwirkung der Seminarteilnehmer*innen. Zum Abschluss vermittelte Angelika Sery-Froschauer die „Dos und Don’ts“ der Biodiversitätskommunikation und zeigte moderne und kreative Wege auf, wie Biodiversität begreifbar gemacht werden kann.

Workshop Andreas Hantschk © Umweltdachverband

*** Eine Veranstaltung des Umweltdachverbandes in Kooperation mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW), der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik, Umweltbildung NÖ, den Naturparken Steiermark, der Naturschutzabteilung der OÖ Landesregierung, dem Verband der Naturparke Österreich, dem Verein Naturparke Niederösterreich, dem Ländlichen Fortbildungsinstitut Österreich (LFI), der Alpenverein-Akademie, den Nationalpark Rangern, der Naturpark-Akademie Steiermark, der Steiermärkischen Berg- und Naturwacht und dem Verein Waldpädagogik in Österreich.***

Das Naturvermittlungsseminar „Biodiversität begreifen – gewusst wie!“ wurde im Rahmen des Projekts „Bio.Div.Now“, das durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und die EU gefördert wird, durchgeführt.

Das Programm des Naturvermittlungsseminars 2016 können Sie hier herunterladen.